71. Städtetag: Was machen erfolgreiche Innenstädte anders?

71. Städtetag: Was machen erfolgreiche Innenstädte anders?

Arbeitskreis 1 - Strategien und Erfolgsprojekte zu Innenstadtbelebung

Der 71. Österreichische Städtetag wurde heute mit vier Arbeitskreisen fortgesetzt, der Arbeitskreis zur Attraktivierung der Innenstadt fand besonders großes Interesse.

Im Zentrum stand die Frage, welche Strategien und Projekte zu möglichst langfristigem Erfolg führen. Auf der Suche nach den guten Beispielen wurde man quer durch Österreich fündig: Landtagsabgeordnete Bürgermeisterin Karin Suchan-Mayr (St. Valentin/NÖ), Günther Albel (Villach, Ktn.), Bernhard Zwielehner (Ried im Innkreis, OÖ) und Peter Koch (Bruck/Mur, Stmk.) gaben einen Überblick über aktuelle Projekte in ihren Städten.

Bgm. Günther Albel schätzt in Villach die Zusammenarbeit mit dem neu eingeführten Bürger*innenbeirat und einen laufenden Austausch mit allen Akteursgruppen wie Wirtschaft und Vereine. Abgesehen von einem initialen  Einkaufszentren-Widmungsstopp, wurden Maßnahmen aus diesem Austausch umgesetzt, um das bereits attraktive Stadtzentrum weiterhin lebens- und besuchenswert zu erhalten. „Die Stadt ist in einem ständigen Wandel, gleichzeitig stehen Innenstädte mittlerweile in einem globalen Wettbewerb. Wir müssen die Bevölkerung immer mitnehmen und dürfen uns nicht auf ersten Erfolgen ausruhen. Unser Ziel ist, die Innenstadt zu Österreichs größtem und schönstem Wohnzimmer zu machen.“ Die Leerstandsquote im Zentrum konnte in den letzten Jahren jedenfalls bereits drastisch gesenkt werden, an leistbarem Wohnen in der Innenstadt wird ebenfalls von Seiten der Politik gearbeitet.

Über das Erfolgsprojekt „Gießerei. Haus der Nachhaltigkeit“ berichtete Bgm. Bernhard Zwielehner (Ried i.I.). Die ehemalige Zinngießerei gilt als Vorzeigeprojekt für gelungene nachhaltige Sanierung und bietet heute Platz für ein Café mit regionalen Bio-Zutaten, Geschäftsflächen, Co-Working-Spaces, einen Marktplatz und ausreichend Raum für Veranstaltungen. Zudem wurde in Ried die Stadtentwicklung wieder als wichtiges Politikfeld erkannt, das man sich als Asset zurückholt, um dann gemeinsam mit den BürgerInnen an Themen zu arbeiten. Von Bund und Land wünscht er sich kein Geld, sondern „kumuliertes Know-How“, zum Beispiel im Bereich der innovativen, nachhaltigen Mobilität.

Die Stadt als Wohnzimmer begleitet auch die Innenstadtprozesse in anderen Städten: Landtagsabgeordnete Bgm.in Karin Suchan-Mayr steht zwar erst am Beginn von Umsetzungsprojekten, jedoch hat St. Valentin mit dem „Rahmenplan St. Valentin“ bereits eine solide Grundlage für eine gelungene Innenstadtentwicklung und vor allem eine Expertise, die die Politik dabei unterstützt, ihre Vision in Verhandlungen mit Privaten auf den Boden zu bringen. Mit der Neugestaltung des Franz-Forster-Platzes kann die Bürgermeisterin auf einen ersten Erfolg verweisen, der von den Bürger*innen bereits angenommen und „eingenommen“ wird.

Bürgermeister Peter Koch (Bruck/Mur) sorgte zuletzt mit der Ansage, mit vier steirischen Partnerstädten (Knittelfeld, Leibnitz, Trofaiach & Weiz) an der Initiative Zukunft:Stadt arbeiten zu wollen, für Aufsehen. Die fünf Ortschefs wollen gemeinsam ihre Zentren beleben und zukunftsorientierte und nachhaltige Stadtentwicklungskonzepte erarbeiten. In seiner Stadt ist ihm die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung besonders wichtig und gemeinsam hat man die Projekte „Schifflände“ und „Schlossberg“ bereits erfolgreich umgesetzt. „Die Zeit der großen Einkaufszentren ist vorbei“, lautet außerdem seine Einschätzung. „Die innovative Nachnutzung unserer historischen Bausubstanz ist unser großes Thema.“

Integrierte Stadtentwicklung – Erfolgsprojekte aus Deutschland

„Durch die Pandemie wurde der Wandlungsdruck auf die Innenstädte erhöht und enorm beschleunigt,“ bestätigte Silvia Kuttruff, Leiterin der Wirtschaftsförderung Nürnberg. Mit der „Nürnberger City Werkstatt“ hat die Stadt es sich zur Aufgabe gemacht, unter dem Motto „Einfach Machen“ Innenstadtakteur*innen in ihren Umsetzungsprojekten zu unterstützen. Die Stadt ist dabei „Ermöglicherin“ – die Akteur*innen sind selbst aktiv und auch verantwortlich für die Umsetzung. Das Modell ist auch für kleinere Städte anwendbar.

Über das Potential von Leerständen sprach Hannes Lindner, Geschäftsführer der Beratungsfirma Standort und Markt. „Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass Geschäfte das Allheilmittel zur Belebung der Innenstädte sind", so Lindner. Mindestens genauso wichtig seien leistbare Wohnungen, Ämter, Schulen und Kindergärten. Neben einer kritischen Menge an Shopflächen brauche es wieder mehr "Begegnung ohne Geldbörsel", also konsumfreie Zonen, in denen sich die Menschen treffen können.“ Er sieht Krisen als Wellenbewegungen und glaubt weiterhin daran, dass die Städte im stationären Handel auch zukünftig pulsieren werden. Dabei verwies er auf die wichtige Rolle der vor Ort wirkenden Stadt- und Standortmanager*innen und deren Netzwerk an Akteur*innen.

Einer von diesen, Oskar Januschke, in der Stadt Lienz für Standortentwicklung zuständig, berichtete über das integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Dieses gilt als Voraussetzung für bestimmte neue Innenstadtförderungen von Bund & Ländern, aber auch als Garant für Kohärenz in der Entwicklung von Innenstädten. Die neue Tiroler Leerstandsabgabe wird ihre Wirkung erst auf lange Sicht zeigen, wichtig sind aber gerade auch zivilrechtliche Rahmenbedingungen, die eine Ansiedlung von Geschäften - zum Beispiel zum Ausschluss von Konkurrenzen – oftmals unterbinden. Auch er sieht aber eine Renaissance anderer städtischer Nutzungen, die bereits verdrängt waren, wie urbane, vertikale Produktion (vgl. Manner in Wien) oder Manufakturen im Kommen und einen gesunden Nutzungsmix in der Innenstadt unerlässlich. Im Rahmen von ISEK 4 bauen sich Lienz, Spittal, Hermagor und Bruneck inhaltlich für die kommenden Städteförderungen gut auf und nehmen erstmals in Österreich in einer weiteren Perspektive den „Süd Alpen Raum“ als Betrachtungs- und Gestaltungsebene mit.

Beatrice Bednar (Die Viertelagentur) stellte die relativ junge Initiative Kardinalviertel in Klagenfurt vor und sprach über ihre Rolle als Viertelmanagerin sowie die Bedeutung von Kunst und Kultur zur Belebung des öffentlichen Raumes. Auch die Viertelagentur soll als „Ermöglicherin“ dienen und sieht sich daher weniger als „Kümmererin“, sondern baut auf die Eigeninitiative von Unternehmer*innen, Künsterler*innen und Bevölkerung. Bednar betont: „Es braucht dafür Experimentierräume und die Möglichkeit aus Fehlern zu lernen.“ Als Herausforderung sieht sie den Umgang mit Privateigentum und eine wirksame Motivation und Instrumente. Das Podium ist sich einig, dass Investor*innengespräche hier alternativlos sind und allgemein ein Bürger*innenstolz auf die eigene Stadt und damit die Aktivierung der endogenen Kräfte gemeinsam mit einer geschlossen agierenden Stadtpolitik der Motor hinter einer erfolgreichen Innenstadtentwicklung sind.

So gelang es in diesem Arbeitskreis anschaulich, einen Überblick über aktuelle Strategien & Konzepte, Projekte & Aktivitäten für die Belebung von Innenstädten und die Möglichkeiten der Leerstandaktivierung zu geben.

Den Livestream zum Nachsehen sowie weitere Informationen zum Städtetag finden Sie unter: www.staedtetag.at

Der 71. Österreichische Städtetag wird morgen, Freitag, 3. Juni, mit einem Referat von Finanzminister Magnus Brunner fortgesetzt.

Laufend aktuelle Fotos (Copyright Markus Wache/Städtebund) zum Download:

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