Getränkesteuerrückerstattung - Verfahren nach nationalem und Gemeinschaftsrecht

Dr. Peter Mühlberger
Finanzrechts- und Steueramt der Landeshauptstadt Linz

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hat die Landesgesetzgeber veranlasst, Verfahrensbestimmungen in die Landesabgabenordnungen aufzunehmen, welche die Rechtsgrundlage bei Rückerstattungsanträgen im Zusammenhang mit national- oder gemeinschaftsrechtswidrigen ­Abgaben vorsehen. Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr zur Frage der Gemeinschaftskonformität dieser Verfahrensbestimmungen eine Vorabentscheidung getroffen. Nachdem die Abgabenbehörden mit diesen Verfahrensbestimmungen bislang keine wesentlichen Erfahrungswerte hatten und auch diesbezüglich keine ­Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, soll versucht werden, mit dieser Rechts­abhandlung Rechtsprobleme, aber auch basierend auf der Judikatur Verfahrens­vorschläge aufzuzeigen, damit die Administration dieser Rechtsnormen auch einer Überprüfung durch das Höchstgericht standhalten könnte.

1. Rechtswidrige Abgaben – Rückerstattung

1.1 Rechtsnormen

Nach den Bestimmungen der Landesabgabenordnungen (so etwa nach § 186a Oö. LAO Novelle 2000, LGBl. Nr. 19/2000 i. d. F. 103/2003) hat die Abgabenbehörde im Falle der Verpflichtung aus dem Grunde gemeinschaftsrechtlicher oder innerstaatlicher Vorschriften, durch Einreichung der Erklärung über die Selbstberechnung nach § 150 Abs. 1 Oö. LAO festgesetzte Abgaben mit Bescheid neu festzusetzen oder einen Abgabenbescheid mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, gleichzeitig auszusprechen, in welchem Umfang die Abgaben nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen sind, weil die Abgaben insoweit wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden waren.

1.2 Vorabentscheidung

Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 2. 10. 2003 in der Rechtssache C-147/01 zu einer der obzitierten Verfahrensbestimmung analogen Regelung in der Wiener Abgabenordnung eine Vorabentscheidung dahingehend getroffen, dass die Rückwirkung einer Verfahrensregelung, durch die der Anspruch auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Abgabenbeträge rückwirkend beschränkt wird, um den möglichen Auswirkungen eines Urteils des Gerichtshofes vorzubeugen, an sich keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt, sofern diese Verfahrensregelung

  • dem Äquivalenzprinzip entspricht (nicht spezifisch jene Abgabe betrifft, die Gegenstand eines Urteils des Gerichtshofes gewesen war) und
  • dem Effektivitätsprinzip gerecht wird (keine gesetzlichen Vermutungen für die Überwälzung der Abgabe vorsieht),

wobei die Prüfung dem nationalen Höchstgericht obliegt.

Im Rahmen seines Urteils hat der Europäische Gerichtshof auch angemerkt, dass es Sache des nationalen Höchstgerichtes ist, aufgrund einer umfassenden Würdigung des nationalen Rechts festzustellen, ob nur Klägern nach innerstaatlichem Verfassungsrecht Anlass­fallwirkung zukommt und ob die Vorschriften über die Erstattung von innerstaatlich rechtswidrigen Abgaben günstiger sind als jene über die Erstattung von gemeinschaftsrechtswidrigen Abgaben.

Dazu wurde bislang aus nationaler Sicht die Rechtsmeinung vertreten, dass

  • Verfahrensregelungen über die Erstattung national rechtswidriger Abgaben gleich sind mit jenen über die Erstattung gemeinschaftsrechtswidriger Abgaben, weil die Verfahrensregelungen beide Formen rechtswidriger Abgaben betreffen;
  • sich der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. 11. 2000 B-1735/0, mit dieser Thematik befasst hat und zum Ergebnis gelangt war, dass nicht zwischen europarechtsbezogenen Fällen und innerstaatlichen Fällen, sondern vielmehr zwischen Anlassfällen und allen anderen Abgabenfällen zu unterscheiden ist;
  • gerade im Zusammenhang mit der Aufhebung gemeinschaftsrechtswidriger Getränkesteuerrechtsnormen unter Berücksichtigung des VfGH-Erkenntnisses vom 29. 11. 2000 B-1735/0, womit er die Verfahrensregelungen über die Rückerstattung bzw. Nichterstattung bei Bereicherung als gleichheits- und damit verfassungskonform erkannt hatte, es gar nicht zu begünstigten Anlassfällen und damit nicht zu einer Beschwerde bestimmter Abgabepflichtiger kommen kann;
  • durch ein VfGH-Erkenntnis entstandene Rückzahlungsansprüche nicht durch Bereicherungsverbote zunichte gemacht werden, sondern es stellen die Bereicherungsverbote nur sicher, dass es nicht zu ungerechtfertigten „Doppelzahlungen“ kommt.

Zum Verfahren betreffend die Rückerstattungs- bzw. Bereicherungsregelung selbst hat der Europäische Gerichtshof darauf hingewiesen, dass

  • bei Rückerstattungsanträgen zwischen der Steuerüberwälzung und der ungerechtfertigten Bereicherung zu unterscheiden ist;
  • die Marktstruktur zwar die Überwälzung beeinflusst, es jedoch praktisch unmöglich ist, ihren jeweiligen tatsächlichen Einfluss auf die Überwälzung zu bestimmen;
  • die Abgabenbehörden sich nicht auf den Nachweis der Überwälzung durch Einbeziehung der Abgabe in den Verkaufspreis beschränken und daraus allein die Vermutung einer ungerechtfertigten Bereicherung im Falle einer Erstattung aufstellen dürfen.

2. Überwälzung – Bereicherung

2.1 EuGH-Rechtsprechung

Nach herrschender Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es Sache der nationalen Gerichte, im Zusammenhang mit national rechtswidrig bzw. gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Abgaben im Lichte der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob der Abgabepflichtige die Steuerlast ganz oder teilweise auf andere abgewälzt hat und ob daher die Erstattung an den Abgabepflichtigen gegebenenfalls eine ungerechtfertigte Bereicherung darstellen würde (EuGH-Urteil vom 14. 1. 1997, Rs C 192/95). Nach herrschender EuGH-Rechtsprechung verbietet es nämlich das Gemeinschaftsrecht nicht, dass ein nationales Rechtssystem die Erstattung ablehnt, wenn die Rückzahlung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Anspruchsberechtigten (Abgabepflichtigen) führen würde (EuGH-Urteil vom 9. 2. 1999, Rs C 343/96).

Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes über die Bereicherung von Antragstellern bei Abgabenrückzahlung gründet sich bereits auf frühere EuGH-Urteile, wonach in einer auf die Freiheit des Wettbewerbs gegründeten Marktwirtschaft bei der Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang eine einem Importeur auferlegte Abgabenlast tatsächlich auf die weiteren Wirtschaftsstufen abgewälzt werden konnte, nicht automatisch von einer Steuerüberwälzung ausgegangen werden kann (EuGH-Urteil vom 9. 11. 1983, Rs 199/82); Anlass dazu war eine Verordnungsregelung über Ein- und Ausfuhrabgaben, wonach kein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Beträge bestünde und die Abwälzung der Belastung grundsätzlich vermutet wurde. Obwohl der Europäische Gerichtshof einräumte, dass zwar indirekte Abgaben grundsätzlich nach nationalem Recht dazu bestimmt sind, auf die Endverbraucher abgewälzt zu werden und im Handel gewöhnlich auch gänzlich oder zumindest teilweise abgewälzt werden, könne jedoch nicht generell davon ausgegangen werden, dass die Abgabe tatsächlich in jedem Fall auch abgewälzt wurde (EuGH-Urteil vom 25. 2. 1988, Rs 331/85); die Frage der Abwälzung bzw. Überwälzung sei eine Tatbestandsfrage, die eben in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte (Behörden) fällt, die zwar in der Beweiswürdigung völlig frei sind, allerdings keine Argumentation zulässig wäre, dass im Falle indirekter Abgaben eine generelle Vermutung der Abwälzung bestehe und es dem Abgabepflichtigen obliege, im Wege eines negativen Beweises das Gegenteil nachzuweisen.

2.2 Bereicherungsregelung

Die EuGH-Rechtsprechung führte schließlich zur so genannten Bereicherungsregelung. Im Falle der nachweislichen Überwälzung der Steuerschulden auf Dritte (Konsumenten) haben nämlich nicht die Abgabenschuldner die Last der ohne Rechtsgrund erhobenen Abgaben getragen, sondern die Abnehmer (Konsumenten), auf welche die Steuerlast abgewälzt worden ist; würde man daher den Abgabepflichtigen den Abgabenbetrag rückerstatten, den er bereits bei den Abnehmern (Konsumenten) erhoben hat, käme dies einer Doppelzahlung an ihn gleich, die als ungerechtfertigte Bereicherung zu beurteilen wäre, ohne dass damit die Folgen der Rechtswidrigkeit der Abgabe für die Konsumenten beseitigt würden (EuGH-Urteil vom 14. 1. 1997, Rs C 192/95); im Zusammenhang beispielsweise mit gemeinschaftsrechtswidrigen Einfuhrzöllen könne der Preis von Erzeugnissen aus anderen Staaten der Gemeinschaft beträchtlich höher sein als jener der einheimischen Erzeugnisse, die von diesen Einfuhrzöllen ausgenommen sind, sodass die Importeure durch Einhebung rechtswidriger Abgaben einen Nachteil erleiden könnten.

Schließlich hat der Europäische Gerichtshof im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Ablehnung einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten den nationalen Gerichten freigestellt, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass zu Unrecht erhobene Abgaben möglicherweise im Warenpreis einbezogen und so auf die Abnehmer überwälzt worden wären (EuGH-Urteil vom 9. 2. 1999, Rs C 343/96), aber doch gewarnt, dass Beweisvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar wären, die dazu führen, dass eine Erstattung unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobener Abgaben praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert würde; dies würde insbesondere für Vermutungen oder Beweisregeln gelten, die den Abgabepflichtigen die Beweislast auferlegen würden, wonach die zu Unrecht bezahlten Abgaben nicht auf andere Personen abgewälzt wurden, oder für besondere Beschränkungen hinsichtlich der zu erbringenden Beweise.

Gerade aus diesen Entscheidungen ist erkennbar, dass der Europäische Gerichtshof

  • eine ungerechtfertigte Bereicherung der Abgabepflichtigen prinzipiell ablehnt;
  • aber auf Fälle hinweist, die eine Rückzahlung rechtfertigen, weil aufgrund
  • der Art der Steuer (z. B.: Einfuhrzölle),
  • einer gesetzlich verankerten Beweislastumkehr oder Verfahrenserschwernissen (z. B.: Verletzung des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes);

kein behördlicher Nachweis einer Steuerüberwälzung vorliegt.

Im Rahmen des EuGH-Urteils vom 2. 10. 2003, C-147/01, hatte der Gerichtshof die aus dem Effektivitätsprinzip ableitbaren Verfahrensgrundsätze konkretisiert, weil die grundsätzliche Erstattungspflicht nur bei gewissen gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen (§ 186a Oö. Landesabgabenordnung) ausgenommen werden könne und dabei festgestellt, dass

  • zwischen der Steuerüberwälzung und der Bereicherung zu unterscheiden sein wird;
  • es allein aus der Steuerüberwälzung durch Einbeziehung der Getränkesteuer in den Verkaufspreis zu keiner Vermutung hinsichtlich der wirtschaftlichen Belastung und damit in weiterer Folge hinsichtlich der ungerechtfertigten Bereicherung bei Rückerstattung führen darf;
  • das Vorliegen und der Umfang einer ungerechtfertigten Bereicherung bei Abgabenrückerstattung erst nach einer „wirtschaftlichen Untersuchung, bei der alle maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen sind, festgestellt“ werden kann;
  • weder eine gesetzliche noch eine aus der Verwaltungspraxis resultierende Vermutung einer ungerechtfertigten Bereicherung vorliegen darf;
  • der Abgabepflichtige zwar nicht zur Erbringung eines Gegenbeweises, jedoch sehr wohl zu einer entsprechenden Mitwirkungspflicht im behördlichen Verfahren über die wirtschaftliche Belastung verhalten werden kann;
  • im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die Abgabepflichtigen den Abgabenbehörden den Zugang zu Belegen einzuräumen haben, insbesondere zu solchen, zu deren Aufbewahrung die Abgabepflichtigen verpflichtet sind;
  • im Abgabenverfahren das Grundprinzip der freien Beweiswürdigung zu handhaben ist.

Zusammenfassend hat der Europäische Gerichtshof im Zusammenhang mit der Frage der Notwendigkeit der Rückerstattung gemeinschafts- oder national rechtswidrig erhobener Abgaben gewisse Grundprinzipien ausgearbeitet, wie

  • starke Indizien für eine Steuerüberwälzung bei indirekten Steuern und Abgaben;
  • das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung der Abgabepflichtigen auch bei rechtswidrig erhobenen Abgaben;
  • die Wertung einer Steuerüberwälzung als rechtliche Grundlage für die weitere Prüfung des wirtschaftlichen Tragens durch die betroffenen Konsumenten;
  • das Verbot der gesetzlichen Vermutung, insbesondere im Wege der Verwaltungspraxis, von Verfahrenserschwernissen bzw. Beweislastumkehr zu Lasten der Abgabepflichtigen;
  • die Anerkennung freier Beweiswürdigung unter Berücksichtigung von Indizienbeweisen.

Die vom Europäischen Gerichtshof in der Vergangenheit angesprochenen Fälle, in denen eine gänzliche Kosten­überwälzung fraglich erscheint, sind jedoch atypische Fälle

  • mit einem Wettbewerbsmissverhältnis zwischen benachteiligten Importprodukten und begünstigten Inlandprodukten,
  • eines Verstoßes gegen den Äquivalenz- bzw. Effektivitätsgrundsatz durch Vermutungsannahmen, mangelhafter Ermittlungsverfahren oder gemeinschaftswidrige Verfahrens­nor­men über die Rückerstattung.

Die Unterschiede zu einer österreichweit von allen Getränkelieferern erhobenen Getränkesteuer ohne Vermutung einer Steuerüberwälzung, jedoch mit der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit von Rückerstattungsverfahren, sind offensichtlich.

2.3 VfGH-Rechtsprechung

Auch der Verfassungsgerichtshof hat anlässlich einer Prüfung einer entsprechenden Rechtsnorm in einer Landesabgabenordnung über die Rückerstattung bei gemeinschaftsrechtswidrigen oder national rechtswidrigen Abgaben erkannt, dass die Frage der Steuerüberwälzung unter Umständen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei (VfGH-Erkenntnis vom 29. 11. 2000, B 1735/ 00) und festgestellt, dass

  • es bei der Frage der ungerechtfertigten Bereicherung anlässlich eines Rückerstattungsantrages primär auf die Kostenüberwälzung als wesentliches Element des wirtschaftlichen Tragens ankommt;
  • die rechtstheoretische Unterscheidung zwischen indirekten und direkten Steuern ein wesentliches Kriterium einer Steuerüberwälzung auf die Konsumenten darstellt und gerade die auf dem Harmonisierungsauftrag bezüglich indirekter Steuern bauenden gemeinschaftlichen Rechtsakte, wie etwa Mehrwert- oder Verbrauchersteuerrichtlinie, auf der Vorstellung der Überwälzung der Steuerbelastung bei indirekten Steuern auf die Verbraucher im Warenpreis aufbauen;
  • der Europäische Gerichtshof selbst im Urteil vom 8. 6. 1999, Rs C 338/ 97 erkennt, wonach gerade bei indirekten Steuern die Steuerbelastung letztlich vom Verbraucher (Konsumenten) getragen wird;
  • im Rahmen der behördlichen Beweisführung das generell anwendbare Abgabenverfahrensrecht mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit, der Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen und der Zulässigkeit aller Beweismittel bei der Sachverhaltsfeststellung der Steuerüberwälzung und damit bei Beurteilung einer ungerechtfertigten Bereicherung im Falle der Rückerstattung zur Anwendung zu kommen hat;
  • die Behörde alle Argumente rechtlicher wie tatsächlicher Art zu berücksichtigen hat, die Rückschlüsse auf eine wirtschaftliche Steuerüberwälzung zulassen, wie betriebsbezogene Kalkulationsunterlagen und/oder nachvollziehbare makroökonomische Analysen der Preisbildung.

2.4 Rechtswissenschaft

Danach ist eine Steuer auf die entgeltliche Abgabe von Getränken an Letztverbraucher von der Belastungskonzeption her eine Verbrauchsteuer, weil offensichtlich durch Überwälzung der Getränkesteuer auf die Konsumenten die Letztverbraucher im Rahmen der Warenverkaufspreise auch diese steuerliche Belastung zu tragen haben („Verfassungsrechtliche Überlegungen zur Reform der Getränkesteuer“ von Univ.-Prof. Dr. Ruppe; ÖStZ 1991).

In der Finanzwissenschaft wird bei indirekten Steuern, wie etwa Getränkesteuer, davon ausgegangen, dass der Steuerzahler die Steuerbelastung weiterwälzen kann und daher Steuerzahler (Abgabenschuldner) und Steuerträger (Konsumenten) nicht ident sind (Doralt Ruppe „Grundriss des österreichischen Steuerrechts“, Band I, 6. Auflage, Manz Verlag Wien).

Auch die Wirtschaftskammer selbst war anlässlich der Einführung der Mehrwertsteuer grundsätzlich von einer Überwälzung der Mehrwertsteuer, aber auch der Getränkesteuer als indirekte Steuern auf die Letztverbraucher (Konsumenten) ausgegangen; schließlich wurde anhand einer beispielhaft dargestellten Unternehmenskalkulation der Bundeswirtschaftskammer aus dem Jahre 2000 ersichtlich, dass bei der Preisgestaltung des so genannten Sollverkaufspreises jedenfalls der Solldeckungsbetrag (Rohaufschlag, Handelsspanne), die 10%ige Umsatzsteuer, das 10,5%ige Bedienungsgeld und schließlich die 10%ige Getränkesteuer einzubeziehen sind.

Obwohl der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. 10. 2003 diese Argumente für die Annahme einer wirtschaftlichen Belastung der Konsumenten nicht expressis anführte, sind die­se Aspekte bei der behördlichen Wür­digung der wirtschaftlichen Steuer­überwälzung sehr wohl zu berücksichtigen.

3. Abgabeverfahren

3.1 Beweisführung

Nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen über Rückerstattung bzw. Bereicherungsverbot hat die Behörde auszusprechen, in welchem Umfang die Abgaben nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen sind, weil sie wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden waren Behördennachweis.

Unter Beweis versteht man eine Tätigkeit, die dem Behördenorgan die Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit eines festzustellenden Sachverhalts vermittelt; beweisen heißt, die Überzeugung vom Bestehen oder Nichtbestehen eines angenommenen Sachverhalts herbeizuführen (VwGH-Erkenntnis vom 14. 5. 1991, Zl. 89/14/ 0195 und Stoll „Bundesabgabenordnung – Kommentar“; Orac Verlag, Band II, Wien 1994). Beim Beweis geht es also um die größtmögliche Wahrscheinlichkeit, wobei Rechtsprechung und Rechtslehre einhellig der Rechtsüberzeugung sind, dass die absolute Gewissheit von niemanden gefunden werden kann (VfGH-Erkenntnis vom 29. 11. 2000, B 1735/00 und Stoll „Bundesabgabenordnung – Kommentar“; Orac Verlag, Band II, Wien 1994).

Dieses Beweisverfahren ist äußerst schwierig, wie dies bereits der Verfassungsgerichtshof in seiner obzitierten Entscheidung vom 29. 11. 2000, B 1735/00 erkannt hat und auch der Generalanwalt Francis G. Jakobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C 147/01 vom 20. 3. 2003 der Abgabenbehörde eine Entscheidung bloß über die Wahrscheinlichkeit, ob der Anspruchsteller die Steuerbelastung abgewälzt oder als Ergebnis der Erhebungen einen wirtschaftlichen Verlust erlitten hat, attestiert hat.

3.2 Indizienbeweis

Sowohl der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. 2. 1999, Rs C 343/96, wonach es durchaus gemeinschaftskonform wäre, wenn Gerichte (Behörden) der Tatsache Rechnung tragen, dass zu Unrecht erhobene Abgaben möglicherweise in den Warenpreis einbezogen und so auf die Abnehmer überwälzt worden sind, als auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. 11. 2000, B 1735/00, wonach alle Argumente rechtlicher wie tatsächlicher Art zu beachten sind, tendieren mit ihren Hinweisen auf die Notwendigkeit eines Indizienbeweisverfahrens. Schließlich hat auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. 10. 2003, C-147/01 zur Frage des Vorliegens bzw. Umfangs der ungerechtfertigten Bereicherung festgestellt, dass alle maßgeblichen Um­stän­de zu berücksichtigen sind (RZ 100).

Das Beweisverfahren der Abgabenbehörden über die Steuerüberwälzung und das wirtschaftliche Tragen der Steuerlast wird sich somit nur im Rahmen eines Indizienbeweises bewegen können – im Gegensatz zum direkten (unmittelbaren) Beweis, wie etwa Urkundenbeweis, erfolgt beim Indizienbeweis der indirekte Beweis eines Tatbestandsmerkmales (eben der Steuer­überwälzung und damit des wirtschaftlichen Tragens der Getränkesteuer durch die Konsumenten) durch den Beweis anderer tatbestandsfremder Tatsachen (Beweisanzeichen), bei deren Vorliegen auf das Vorhandensein der Tatsachen, die dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal entsprechen, gefolgert werden kann.

Als Beweismittel kommt nach den einschlägigen Bestimmungen der Landesabgabenordnungen alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Tatbestands der wirtschaftlichen Steuerüberwälzung geeignet und nach der Lage des Falles zweckdienlich ist; als Beweismittel sind nur solche zu berücksichtigen, die zur Sachverhalts­ermittlung auch objektiv tauglich sind. Das Gemeinschaftsrecht überlässt die Form und die Auswahl der Beweismittel den nationalen Behörden bzw. Gerichten; so hat der Europäische Gerichtshof selbst ausgeführt, dass es alleine Sache der nationalen Gerichte (Behörden) ist, die Frage der Steuer­überwälzung mit allen allgemein zulässigen Beweismitteln nachzuweisen (EuGH-Urteil vom 9. 2. 1999, Rs C 343/96). Von den Beweismitteln sind allerdings zu unterscheiden untaugliche und damit unzulässige Anträge auf Beweiserhebungen; die Nichtaufnahme derartiger Beweisanträge kann auch zu keiner Verletzung von Verfahrensvorschriften führen (VwGH-Erkenntnis vom 4. 10. 1983, Zl. 83/14/0022).

3.3 Mitwirkungspflicht

Obwohl die Behörde sich mit den Argumenten der Abgabepflichtigen auseinander zu setzen und sämtliche Beweismittel zum Nachweis einer Steuerüberwälzung auf die Steuerträger (Konsumenten) zu führen hat, ist dennoch, wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 29. 11. 2000, B-1735/00, klargestellt hat, und wie es auch aus den Bestimmungen der einzelnen Landesabgabenordnung eindeutig zu entnehmen ist, eine entsprechende Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen gegeben.

Gerade die häufig vorgetragenen Annahmen, Vorbringen und Spekulationen der Abgabepflichtigen über entgangene Gewinne durch notwendige Preisgestaltungen rechtfertigen, dass die Abgabenbehörde hier die Abgabepflichtigen zur Vorlage entsprechender Aufzeichnungen (z. B.: § 126 Abs. 1 Oö. LAO) bzw. zur Konkretisierung der vorgebrachten Argumente (§ 114 Oö. LAO) veranlasst. Die Behörde hat sich daher zwar mit den Argumenten der Abgabepflichtigen auseinander zu setzen und die Steuerüberwälzung nachzuweisen, jedoch ergibt sich aus den abgabenverfahrensrechtlichen Bestimmungen, dass die Abgabenbehörde sicherlich berechtigt ist, von den Abgabepflichtigen für deren Annahmen und Behauptungen entsprechende Unterlagen zu fordern; es geht sicherlich nicht an, dass hier ein Abgabepflichtiger eine Behauptung lediglich in den Raum stellt und sich dann – wenn die Behörde auf diese Behauptungen eingeht – auf das Verbot einer Beweislastumkehr zurückzieht.

3.3.1 EuGH-Mitwirkungspflicht

Der Europäische Gerichtshof selbst hat in seinem Urteil vom 2. 10. 2003 C-147/01, eindeutig auf eine entsprechende Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen erkannt, wenn er unmiss­verständlich feststellt, dass

  • bei Selbstbemessungsabgaben ein Nachweis der tatsächlichen Abwälzung (damit Wirtschaftsbelastung) auf die Konsumenten „nicht ohne die Mitwirkung der betroffenen Abgabepflichtigen“ geführt werden kann (RZ 115);
  • die Frage der Steuerüberwälzung als Grundlage für die wirtschaftliche Belastung und damit ungerechtfertigte Bereicherung bei Rückerstattung von der Behörde im Rahmen einer freien Beweiswürdigung der hier „vorgelegten“ Beweise vorzunehmen ist (RZ 96).

3.3.2 Offenlegungspflicht der Abgabepflichtigen besteht nach wie vor

Diese abgabenbehördliche Verpflichtung zur Nachweisführung der Steuer­überwälzung findet im Spannungsverhältnis zu den Obliegenheiten der Abgabepflichtigen dort ihre Grenze, wo die Abgabepflichtigen die Leistung des ihr zukommenden Beitrages zur Sachverhaltsermittlung verweigern oder einfach nicht erbringen (VwGH-Erkenntnis vom 14. 9. 1994, Zl. 92/13/ 0027 und Stoll „Bundesabgabenordnung – Kommentar“, Orac Verlag, Wien 1994). Der Abgabepflichtige ist jedenfalls in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht dazu verhalten, die Richtigkeit der in seinem Vorbringen dargetanenen Umstände zu beweisen bzw. zumindest entsprechend glaubhaft zu machen (VwGH-Erkenntnis vom 21. 10. 1993, Zl. 92/15/0002). Die den Abgabepflichtigen grundsätzlich treffende Offenlegungspflicht hinsichtlich seiner Anträge (etwa um Rückerstattung von rechtswidrig erhobener Getränkesteuer wegen entgangener Gewinne oder gar Verluste) bedeutet nicht eine Verschiebung der Beweislast, sondern ist lediglich Rechtsfolge einer ihn grundsätzlich nach der Landesabgabenordnung treffenden Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (VwGH-Erkenntnis vom 28. 6. 1995, Zl. 89/16/0014). Die Abgabenbehörden sind gerade im Hinblick auf die Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen nicht verhalten, aufgrund nicht näher konkretisierter oder belegter Behauptungen umfangreiche Ermittlungen zur Erforschung der Richtigkeit dieser Behauptungen anzustellen, obwohl es dem Abgabepflichtigen durchaus möglich und zumutbar wäre, überprüfbare Aufzeichnungen vorzulegen oder zumindest konkrete Angaben zu machen (VwGH-Erkenntnis vom 25. 1. 1999, Zl. 93/17/0313). Diese Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen steigt in dem Ausmaß, in dem die Möglichkeiten amtswegiger Ermittlungen der Abgabenbehörde aus Gründen eingeschränkt sind, die der Sphäre des Abgabepflichtigen zugehören (VwGH-Erkenntnis vom 19. 2. 1992, Zl. 91/14/ 0216 und Stoll „Bundesabgabenordnung – Kommentar“, Orac Verlag), wie dies bei allgemein gehaltenen betriebswirtschaftlichen Erwägungen der Fall ist (siehe auch Prof. Dr. Schimetschek in „Die Beweislastverteilung zwischen Steuerzahler und Abgabenbehörde“, SWK 1987).

Diese Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen, welche in den einzelnen Bestimmungen der Landesabgabenordnungen fundiert ist und auch von Rechtslehre und Rechtsprechung einhellig anerkannt wird, bewirkt sicherlich keine Beweislastumkehr, sondern ist vor allem dann zweifelsohne gegeben, wenn

  • behördlich erbrachte Indizienbeweise einfach in Frage gestellt werden;
  • nicht überprüfbare Behauptungen und Vorbringen über allgemeine betriebswirtschaftliche Aspekte von den Abgabepflichtigen erhoben werden;
  • aufgrund der Preisgestaltung angeblich entgangene Gewinne oder eingetretene Verluste, resultierend aus der Getränkesteuererhebung, behauptet, ohne beziffert zu werden.

3.4 Indizienbeweise
3.4.1 Getränkepreise

Der Verkaufspreis ist demnach jener Preis, zu dem die Waren am Markt angeboten werden, wobei man zwischen dem Bruttoverkaufspreis (enthält Rabatte) und dem Nettoverkaufspreis (vom Käufer effektiv bezahlt) zu unterscheiden hat. Verkaufspreise mit Roh­aufschlägen (Handelsspanne) über dem ortsüblichen Durchschnitt in der jeweiligen Kaufbranche verstärken beispielsweise den Eindruck, dass selbst unter dem Gesichtspunkt der Preisgestaltung mit großer Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass die Getränkesteuer auf die Konsumenten überwälzt wurde.

Zu den Getränkepreisen wird bemerkt, dass diese in der Regel auch Steuern, wie etwa Umsatzsteuer, aber auch Getränkesteuer, enthalten, wenn nichts anderes, abweichendes vereinbart wurde bzw. abweichender Handelsbrauch es bestimmt (OGH-Urteil vom 9. 7. 1992, 7 Ob 574/92). Dafür spricht auch das Preisauszeichnungsgesetz, BGBl. Nr. 146/92 i. d. F. BGBl. I Nr. 55/00, wonach die Preise einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge auszuzeichnen sind.

Auch die öffentlichen Gerichtshöfe haben sich bereits mit der Frage der Preisauszeichnung im Zusammenhang mit der Getränkesteuer auseinander gesetzt und dezidiert festgestellt, dass die Getränkesteuer als Teil der Bemessungsgrundlage bei der Abgabenberechnung unberücksichtigt zu bleiben hat, wenn die Konsumenten auf die Einrechnung der Getränkesteuer in geeigneter Weise auf den Preislisten aufmerksam gemacht wurden (VwGH-Erkenntnis vom 27. 1. 2000, Zl. 97/16/0190).

Aus dieser zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rechtsprechung ist eindeutig ersichtlich, dass die Verkaufspreise in den Preislisten oder auch in den Getränkekarten, selbst wenn nicht expressis verbis auf die Berücksichtigung (Einbeziehung) sämtlicher Steuern und Abgaben hingewiesen wurde, in der Regel als Bruttoverkaufspreise auch die Getränkesteuer beinhalten und jedenfalls die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer entsprechend reduzierten; dies kann – bei Nichtvorliegen entsprechender Hinweise auf eine anderweitige wirtschaftliche Belastung des Abgabepflichtigen – als Indiz gewertet werden, dass nicht der Abgabepflichtige, sondern die Konsumenten die Getränkesteuer getragen hatten.

3.4.2 Abgabenerklärung

Für die Getränkesteuerberechnung der einzelnen Warenprodukte aus dem Bruttoverkaufspreis werden die so genannten Schlüsselzahlen herangezogen. Nach den materiell-rechtlichen Getränkesteuerrechtsnormen zählen die Getränkesteuer, die Umsatzsteuer sowie das Bedienungsgeld nicht zur Bemessungsgrundlage; daher ist bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage die Getränkesteuer in Abzug zu bringen. Sinn der Aufzählung der bei der Getränkesteuerfestsetzung abziehbaren Bestandteile von dem den Letztverbrauchern (Konsumenten) in Rechnung gestellten Warenpreis ist es, jene Beträge aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, die zwar durch den Abgabepflichtigen von den Konsumenten eingehoben wurden und die in Wahrheit die Konsumenten und nicht den Unternehmer (Abgabepflichtigen) tangieren (VwGH-Erkenntnis vom 19. 2. 1998, Zl. 95/16/0291).

Wenn jedoch die Getränkesteuer einerseits im Bruttoverkaufspreis – wie oben erwähnt – enthalten ist, andererseits jedoch bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage herausgerechnet worden war, kann – mangels gegenteiliger, begründeter wirtschaftlicher Nach­weise – daraus geschlossen werden, dass letztendlich die Konsumenten und nicht die Abgabepflichtigen die Getränkesteuer getragen hatten.

3.4.3 Betriebswirtschaftliche Überlegungen

In den bisherigen Abgabenverfahren wurde seitens der Abgabepflichtigen vielfach ganz allgemein argumentiert, dass

  • sie die Getränkesteuer bei der Kostenkalkulation aus Wettbewerbsgründen nicht berücksichtigen konnten und daher Verluste hinnehmen mussten;
  • sie zwar die Getränkesteuer im Verkaufspreis einbezogen hatten, jedoch dadurch Verkaufsrückgänge und damit Gewinnverluste akzeptieren mussten.

Nach einhelliger Rechtsprechung ist für den Fall, dass ein Abgabepflichtiger rein betriebswirtschaftliche, jedoch nicht näher konkretisierte oder belegte Behauptungen aufstellt, die Behörde zur Durchführung allfälliger betriebswirtschaftlicher Ermittlungen von sich aus nicht verpflichtet (VwGH-Erkenntnis vom 25. 1. 1999, Zl. 93/17/0313). Die Behörde hat sich zwar mit den vorgebrachten Argumenten im Rahmen der freien Beweiswürdigung auseinander zu setzen; von sich aus betriebswirtschaftliche Nachweise zu führen geht sicherlich weit über die Verpflichtungen der Behörde hinaus und ist ihr im Hinblick auf die einhellige Rechtsprechung nicht zumutbar.

Sofern allerdings eine allfällig vorhandene Produktkalkulation, insbesondere in Form einer Kostennachkalkulation vorliegt, wäre es angebracht, dass die Behörde diese bei ihren Erwägungen berücksichtigt; die Kostenrechnung als Ermittlung der Betriebsergebnisse bildet in Form der Nachkalkulation nämlich die Grundlage für die Feststellung der Gewinne und Verluste.

Aus einer derartigen Kostenrechnung sind die einzelnen Kostenarten, wie Personalkosten, Materialkosten, Energiekosten, Instandhaltungskosten, Steu­ern, Beiträge und Versicherungen, sonstige Rechtskosten (Rechtsberatungskosten), Reinigungskosten, Ausbildungskosten, Mieten und Pachten, Fahrt- und Reisekosten, Werbekosten, Repräsentationskosten und Abschreibungskosten hervorzuheben.

Der vom Getränkelieferer gestaltete Getränkeverkaufspreis ist von einer Vielzahl von Kostenfaktoren abhängig, wobei es sich jedoch bei der Getränkesteuer lediglich um einen Kostenfaktor einer kleinen Kostensparte handelt und auch in dieser Kostensparte selbst die Getränkesteuer im Gegensatz zu den wesentlich höheren Erfolgssteuern, wie Einkommenssteuer sowie Beiträgen (Sozialversicherung) und Versicherungszahlungen, den geringsten Kos­tenfaktor darstellt.

Auch Experten der Betriebs- und Steuerrechtslehre vertreten die Meinung, dass

  • es Absicht des Getränkesteuergesetzgebers war, dass die Steuerlast vom Konsumenten getragen werde, wobei allerdings die Anpassungsfähigkeit der Konsumenten an Preisveränderungen über die Elastizität der Nachfrage gemessen werden kann (Mag. Partl/Mag. Pircher in „Getränkesteuer: Überwälzung und Bereicherung; eine kritische Betrachtung; ökonomischer Realität“, SWK 2000, Seite 809);
  • bei allfälligen, aus den Kostenfaktoren resultierenden Verlusten bzw. Verschlechterung der Ertragssituation es keinesfalls zulässig ist, den Schluss zu ziehen, dass es die Steuern waren, die der Unternehmer hätte tragen müssen und hätte nicht überwälzen können (Handbuch des Steuerrechts unter Einschluss der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Finanzrechts- und Finanzwissenschaft vom deutschen wissenschaftlichen Steuerinstitut der Steuerberatung und Steuerbevollmächtigten, Becksche Verlagsbuchhandlung 1981);
  • selbst im Zusammenhang mit unentgeltlichen Happyhour-Getränken, Brunchgetränken oder Begrüßungs­cocktails das Nächtigungsentgelt, das Brunchentgelt und schließlich auch der Werbewert adäquate Entgelt­leistungen darstellen können (VwGH-Erkenntnis vom 27. 4. 1995, Zl. 93/17/0131).

Gerade im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Überlegungen ist die subjektiv orientierte Preisgestaltung einerseits und die die wirtschaftliche Belas­tung der abgabepflichtigen Unternehmer bestimmende Gesamtheit aller Kos­tenfaktoren zu berücksichtigen.

3.4.4 Makroökonomische Überlegungen

Auch makroökologische Überlegungen gelangen zu dem Ergebnis, dass

  • die Getränkebesteuerung und die Preisgestaltung nicht kongruent sind, d. h. dass Preiserhöhungen in der Regel nicht durch allfällige Steuererhöhungen bedingt waren;
  • die Überwälzungswahrscheinlichkeit zwar geringfügig vom wirtschaftlichen (Rohaufschlägen) und makro­ökonomischen (Tourismusbereich) Faktoren abhängig, jedoch hinsichtlich der preisunelastischen Getränke in der Regel anzunehmen ist;
  • bei der Preisgestaltung von Getränken im Rahmen der Produktkalkulation den Erfahrungswerten nach die Getränkesteuer als Kostenfaktor mitberücksichtigt werden konnte;
  • jedenfalls im Hotel-, Gast- und Schankgewerbe von einer Überwälzung der Getränkesteuer in den Warenverkaufspreis ausgegangen werden kann. Dazu darf noch ergänzend bemerkt werden, dass gerade im Bereich des Städtetourismus, der Sommerurlaubs- und Winterschizentren und der Kur- und Erholungsorte, der mittleren und gehobeneren Gastronomiebetriebe eine Steuerüberwälzung durchaus auch im Rahmen der Preisgestaltung möglich sein musste.

Das Faktum, wonach es über die allgemeine Wirtschaftsförderung hinaus in Einzelfällen aus Getränkesteuereinnahmen nachweislich zur Wirtschaftsförderung für einzelne Unternehmer gekommen war, verstärkt die Annahme, dass selbst allfällige Umsatzeinbrüche, welche von vielen verschiedenen Faktoren abhängig sein können, durch wirtschaftsfördernde Leistungen der Kommunen aus dem Titel der Getränkesteuereinnahmen ausgeglichen wurden.

4. Preisgestaltung

Wenn die Abgabepflichtigen mit der Preisgestaltung argumentieren, dass sie entweder die Getränkesteuer bei der Preisbildung nicht berücksichtigen konnten oder die Berücksichtigung der Getränkesteuer zu Nachfragerückgängen geführt hatten, muss darauf hingewiesen werden, dass zwischen subjektiver Preisgestaltung und der objektiven Kostentragung der Getränkesteuer kein wesentlicher direkter Zusammenhang gesehen werden kann. Die Preisgestaltung selbst ist von diversen Faktoren abhängig, wie etwa

  • der von diversen Steuern und Abgaben unabhängigen Marktsituation aufgrund des Konsumentenverhaltens, Tourismusbewegungen, Produktangeboten, Wettersituationen etc.;
  • der Preisgestaltung von Konkurrenzunternehmen, wie etwa Dumpingpreise;
  • Preisgestaltung eigener Art durch Anbieten von Niedrigstpreisen, um Kunden für bestimmte Getränkeprodukte oder andere Warenprodukte zu werben.

Wie vielschichtig das Preisverhalten unabhängig von der Getränkesteuer sein konnte, zeigte, dass viele österreichweit betriebenen Supermärkte

  • einerseits eine Niedrigstgestaltung der Preise jahrelang ohne Verluste vornehmen konnten;
  • selbst beim Wegfall der Getränkesteuer durch den Europäischen Gerichtshof keine Rückzahlungsanträge an die Gemeinden stellten,

dass Gastgewerbebetriebe und mitunter Kleinhandelsbetriebe in der Vergangenheit bei Steuererleichterungen diese nicht an die Konsumenten weitergegeben, sondern teilweise sogar die Getränkepreise erhöht hatten.

Daraus ist schon ersichtlich, dass die Preisgestaltung vor allem von wesentlichen subjektiv bestimmten Elementen, aber auch von vielen Marktfaktoren und Wettbewerbsstresssituationen abhängig war und daher allfällige Umsatzeinbrüche auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen sind.

5. Finanzielle Nachteile

Wenn der Europäische Gerichtshof im Rahmen seiner Prüfung der Kosten­überwälzung bzw. der Bereicherung von Nachteilen spricht, so wird er damit primär einen Schaden in Form ­eines wirtschaftlichen Verlustes oder entgangenen Gewinnes im Sinne des § 1293 ABGB entsprechend dem nationalen Obligationenrecht verstanden haben wollen. Gerade diesbezüglich ist bei der Geltendmachung eines Schadens der Abgabepflichtige im Hinblick auf obige Rechtsausführungen zur verstärkten Mitwirkungspflicht verhalten. Wenn schon die Behörde die Steuerüberwälzung und damit die größte Wahrscheinlichkeit einer Steuertragung durch die Konsumenten nachzuweisen hat, haben die Abgabepflichtigen jedenfalls einen allfällig behaupteten Gewinnentgang oder Finanzverlust und damit einen Schaden nicht allgemein zu behaupten, sondern vielmehr konkret zu beziffern, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine ausreichende Begründung und Konkretisierung der Schadenshöhe erforderlich ist.

Zur Geltendmachung eines Schadens muss überdies bedacht werden, dass

  • die Getränkesteuer bereits seit über 50 Jahren fixer Kostenbestandteil der Getränkeverkaufspreise sämtlicher Unternehmer in ganz Österreich ist;
  • die Getränkelieferer als ordentliche Kaufleute im Rahmen der Kostenkalkulation bereits jahrelang den geringen Kostenfaktor zu berücksichtigen hatten;
  • die Berücksichtigung dieses minimalen Kostenfaktors im Hinblick auf jahrelange Erfahrungswerte, gleichbleibende Steuersätze und kaum verändertes Verbraucherverhalten der Konsumenten möglich sein musste;
  • die Getränkesteuer, unabhängig vom Wettbewerb, alle Getränkelieferer zu entrichten hatten, sodass diesbezüglich (ausgenommen von Grenzregionen) keine negativen Auswirkungen entstehen konnten.

Rechtlich nicht zulässig wäre es jedenfalls, aus verwaltungsökonomischen Gründen

  • eine „gewisse“ Kostentragung durch den Abgabepflichtigen,
  • eine „gewisse“ Schadensannahme aus der Steuererhebung

im Rahmen des Abgabenverfahrens anzunehmen oder gar im Wege einer so genannten „Vereinbarung“ abzuwickeln.

Verfahrensrechtlich wäre eine derartige Vorgangsweise abzulehnen, weil

  • Vereinbarungen nach den meisten Getränkesteuerverordnungen lediglich bis zu maximal 10% unter gewissen Voraussetzungen rechtlich zulässig wären;
  • eine Schätzung der Bemessungsgrundlage den Zielsetzungen der Schätzung widerspricht.

Materiellrechtlich ist eine derartige Vereinbarung nicht gerechtfertigt, weil

  • die wirtschaftliche Steuerüberwälzung in der Regel zu bejahen oder zu verneinen und die teilweise Steuertragung ebenfalls verfahrensrechtlich unter verstärkter Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen abzuhandeln sein wird;
  • gerade die teilweise Anerkennung einer wirtschaftlichen Steuertragung zur quasi Verfahrensvereinfachung zu Rechtsunsicherheit und Steuerungerechtigkeit führen würde.

6. Freie Beweiswürdigung

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Landesabgabenordnung abzuleiten und wird von der Rechtslehre (Stoll „Bundesabga­ben­ordnung – Kommentar“; Orac Verlag, Wien 1994) und Rechtsprechung (VwGH-Erkenntnis vom 14. 12. 1994, Zl. 93/16/0191, und vom 12. 2. 1986, Zl. 84/16/0131), aber auch im Gemeinschaftsrecht (siehe Schlussantrag Generalanwalt vom 28. 4. 1998 in der Rechtssache Dilexport C 343/96) anerkannt; schließlich tendiert der Verfassungsgerichtshof selbst in seiner Entscheidung vom 29. 1. 2000, B 1735/0, und auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. 10. 2003, C-147/01, in diese Richtung.

Obwohl viele Indizien in Rechtslehre und Rechtsprechung, aber auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für die Annahme einer Steuerüberwälzung im Zusammenhang mit indirekten Steuern, wie etwa Getränkesteuer, sprechen, obliegt es dennoch den Abgabenbehörden in jedem Einzelfall,

  • ein entsprechendes Indizienbeweisverfahren durchzuführen;
  • sich mit den Argumenten der Abgabepflichtigen auseinander zu setzen;
  • nach freier Beweiswürdigung über das Faktum der Steuerüberwälzung abzusprechen.

Die äußerst diffizile Frage der Steuer­überwälzung und des wirtschaftlichen Tragens wird lediglich nach Durchführung ausreichender Indizienbeweise und nach Eingehen auf die Argumente der Abgabepflichtigen im Rahmen der freien Beweiswürdigung geklärt werden können, wobei es sicherlich in jedem Einzelfall einer entsprechenden Begründung bedarf, ohne von allgemeinen Vermutungen auszugehen.

Doch selbst der Generalanwalt Francis G. Jakobs hat in seinem Schlussantrag vom 20. 3. 2003 in der Rechtsache C 147/01 eine Klarstellung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes angeregt, die zwar eine Vermutung der ungerechtfertigten Bereicherung verbietet, jedoch die Möglichkeit nicht ausschließt, aus vorliegenden Beweismitteln sachgerechte Schlüsse zu ziehen. Ohne einer solchen Möglichkeit könnte das Gleichgewicht soweit zu Gunsten der Anspruchstellers gestört werden, dass es praktisch unmöglich gemacht würde, das berechtigte Ziel der Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherung zu erreichen. Der Europäische Gerichtshof ist in seinem Urteil vom 2. 10. 2003, C-147/01, dieser Anregung nachgekommen, hat jedoch eindeutig auf die Notwendigkeit eines entsprechenden Verfahrens in jedem Einzelfall hingewiesen.

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