Städtebund fordert Absicherung der Getränkesteuer - Umsetzung der Verpflichtung des Bundes im Stabilitätspakt von 1998

Auswirkungen des Entfalls der Getränkesteuer

Die Getränkesteuer stellt mit einem Aufkommen von derzeit jährlich 5,6 Mrd. S innerhalb der gemeindeeigenen Abgaben nach der Kommunalsteuer die wichtigste gemeindeeigene Einnahme dar und ist eine der Säulen der Gemeindefinanzierung. Das Aufkommen entspricht in der Größenordnung der Summe der Ausgaben der Gemeinden für die gesamte Kinderbetreuung (5,4 Mrd. S) oder die Ausgaben der Gemeinden (ohne Wien) für den Gesundheitsbereich (6,1 Mrd. S) bzw. die Ausgaben der größten zwei Dutzend österreichischen Städte für den innerstädtischen Nahverkehr (5,5 Mrd. S). Ein Entfall der Getränkesteuer würde somit nicht nur bedeuten, daß wichtige kommunale Leistungen für die Bürger nicht nur nicht ausgebaut werden können, sondern die für die Lebensqualität wichtigen Leistungen in vielen öffentlichen Bereichen beachtlich eingeschränkt werden müßten. Dies würde von der Kinderbetreuung über die Erhaltung von Schulen, die Führung des öffentlichen Nahverkehrs, den Ausbau der Infrastruktur für Wirtschaft und Tourismus oder das Gesundheitswesen bis zu den Hilfen für ältere Menschen reichen. Eine Rückzahlung von eingehobener Getränkesteuer für die Jahre ab dem EU-Beitritt schafft darüber hinaus eine völlig unbewältigbare Situation. Die von den Experten geschätzten bis zu 22 Mrd. S an Rückforderungsansprüchen der Gastronomie und des Lebensmitteleinzelhandels hätte praktisch den Totalausfall der kommunalen Investitionen eines Jahres und dadurch den Verlust von rund 25.000 - 30.000 Arbeitsplätzen zur Folge.

EU-Konformität der Getränkesteuer

Bis vor kurzem konnten die Gemeinden sehr wohl davon ausgehen, daß die Getränkesteuer EU-konform sei. Dies hat die Kommission nicht nur in Gesprächen mit dem Bund anläßlich der Beitrittsverhandlungen, sondern auch gegenüber Vertretern des Städtebundes und des Gemeindebundes bestätigt. Der seinerzeit für Finanzfragen zuständige Kommissar Dr. Peter Schmidhuber hat sich auf dem 1991 in Baden abgehaltenen Städtetag dahingehend geäußert, daß er "nicht sehe, warum sie nicht EG-verträglich wäre".

Einräumung eines Vorschlagsrechts für Rechtsanpassung bei höchstgerichtlichen Erkenntnissen

Erst im Jahr 1997 hat die Kommission Bedenken hinsichtlich der EU-Konformität geäußert, woraufhin in dem im Herbst 1998 beschlossenen Stabilitätspakt in Artikel 4 (5)b) folgende Regelung verankert wurde: "Wird der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert, wird der Bund über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaften rechtliche Rahmenbedingungen für ausschließliche Abgaben der betroffenen Gebietskörperschaften schaffen, die bundesweit einen möglichst weitgehenden Ersatz schaffen." Von diesem zuerkannten Recht machen Städtebund und Gemeindebund mit dem vorliegenden Novellierungsvorschlag durch Ergänzung der §§ 15 und 23 des Finanzausgleichsgesetzes und der Bundesabgabenordnung Gebrauch. Es ist völlig unverständlich, daß Wirtschaftsvertreter, die zum Teil selbst dem Stabilitätspakt im Parlament zugestimmt haben, nunmehr dieses Recht in Abrede stellen. Städtebund und Gemeindebund müssen jedoch die Umsetzung dieses Rechtes einfordern, um sicherzustellen, daß ihre finanzielle Leistungsfähigkeit, die den Bürgern der Städte und Gemeinden zugute kommt, aufrecht erhalten bleibt.

EuGH verlangt nicht Abschaffung, sondern nur Anpassung der Getränkesteuer

Unverständlich ist auch, wenn von Wirtschaftsseite behauptet wird, daß das zu erwartende EuGH-Urteil die Abschaffung der Getränkesteuer verlange. Ganz im Gegenteil! Die Schlußanträge des Generalanwalts erklären die Besteuerung der nicht-alkoholischen Getränke für EU-konform und verlangen bei der Besteuerung der alkoholischen Getränke in erste Linie nur die Einführung einer besonderen Zielsetzung für die Einhebung der Abgabe. Dieser besonderen Zielsetzung können die Gemeinden leicht Rechnung tragen, weil sie - wie der Generalanwalt verlangt - ohnedies bereits genügend Ausgaben für die Bereiche "Umwelt, Förderung der Gesundheit, des Fremdenverkehrs, des Sports, der Kultur und von Freizeiteinrichtungen" haben. Die beabsichtigte Novellierung trägt somit nur den Äußerungen des Generalanwalts Rechnung und würde die EU-Konformität herstellen.

Keine Weitergabe der Steuerersparnis im Preis

Die Forderung, die Gemeindefinanzen zu schützen, ist umso mehr zu erheben, als schon 1992, als die Getränkesteuer für nicht-alkoholische Getränke von 10 auf 5 % reduziert wurde, trotz vielfältiger vorheriger Beteuerungen, die Steuersenkung weiterzugeben, dies zu keinerlei statistisch meßbaren Auswirkungen geführt hat.

"Bereicherung" bei Rückzahlungsverpflichtung für Getränkesteuer ab 1995

Eine besondere Situation ergibt sich auch im Zusammenhang mit einer allfälligen Rückzahlungsverpflichtung für die Getränkesteuer ab 1995. Die Getränkesteuer wurde den Konsumenten zwar von Gastronomie und Einzelhandel im Preis weiterverrechnet, tatsächlich besteht weder ein Rechtsanspruch des Konsumenten auf Rückzahlung von in den letzten Jahren verrechneter Getränkesteuer noch - wegen des Fehlens von Rechnungen - die praktische Möglichkeit einer tatsächlichen Geltendmachung. Die Gemeinden müßten somit den Gastronomie- und Einzelhandelsbetrieben bis zu 22 Mrd. S an Getränkesteuer zurückzahlen, die nicht einmal in gesicherter Weise den Konsumenten zugute kommen würden. Die Konsumenten wären somit in doppelter Hinsicht betroffen, weil sie einerseits die Getränkesteuer im Preis bezahlt haben, andererseits nunmehr verringerte Leistungen der Gemeinden zu erwarten hätten. Im Hinblick auf eine geordnete Führung der Städte und Gemeinden ergeht das Ersuchen, den zwischen Bund, Ländern, Städtebund und Gemeindebund ausgearbeiteten Novellierungsentwurf zu beschließen.

16. Juli 1999

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